Maus - Katz - Spiel




Belletristik und Lyrik aller Art

Maus - Katz - Spiel

Beitragvon jupp » Mo 15. Dez 2014, 15:06

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ALS DIE MAUS DER KATZE IN DEN SCHWANZ BISS

Als sich das o.g. Geschehen ereignete, war die liebe Sonne bereits seit 3:42 Stunden M.E.Z. hinter der markanten Silhouette der „alten Buche“ untergegangen. Und, obwohl sich an der soeben näher beschriebenen Stelle das o.g. Geschehen nicht ereignete, war danach nichts mehr wie es vorher noch anlässlich 3:41 M.E.Z. nach dem Sonnenuntergang war. Mit anderen Worten genauer gesagt, alles war anders.
Ein besorgtes Kopfschütteln erregendes und überraschtes Staunen bewirkendes Geschehen, das sich aus zumindest zwei nachvollziehbaren Gründen nicht tief in das kollektive Gedächtnis der Menschheit einprägen wird.
A) 3:42 nach Sonnenuntergang sind die Menschen mit Dingen beschäftigt, die jegliche Empathie in das Geschehen zwischen Mäusezähnen und einem Katzenschwanz schon im Keim ersticken. Entweder sie fernsehen oder schlafen, weil sie bis zum Frühstücksfernsehen nichts Besseres zu tun wissen.
B) Ohnehin kennen heruntergekommene Menschen Mäuse und Katzen nur noch als denaturierte Derivate ihrer Kultur, was generell auf fehlendes Empathievermögen für natürlich tierische Vorgänge schließen lässt. Sie nehmen jene nur noch als graupelzige Objekte mit hervorgequollenen Knopfaugen als unansehnliches Ergebnis käsebestückter Fallen wahr, diese als Therapieersatzobjekte, als Konsumenten von Produkten, die – gegen harte Euro im Supermarkt erworben, sit nomen Domini benedictum – den widerlichen Inhalt von Weißblechdosen in sich hineinschlabbern und scharfriechendes Stresspinkeln veranstalten, wenn ihr Frauchen gelegentlich ein Herrchen als Beleger ihres Kopfkissens bevorzugt. Hätte Spengler diese Abartigkeit von Degeneriertheit bereits gekannt, er hätte seinen Bestseller mit ‚Generation Untergang des Abendlandes !!’ (mit zwei Ausrufezeichen !!) betitelt, statt nur ein unspektakuläres ‚Untergang’ zu verwenden.
Also, um unserem Thema einen Fortgang zu geben, als die Maus der Katze in den Schwanz biss, ereignete sich ein Geschehen, das deutliche Spuren, die man physisch als schmerzhafte Verletzung und psychisch als schmerzliche Empfindung bezeichnen kann. Wobei sich schon in diesen wenigen Worten andeutet, dass es sich bei einem solchen Vorkommenden um einen ambivalent-komplexen Prozess handelt, da die Beteiligten in ihren jeweiligen Rollen als Betreiber oder Erleider in das hic et nunc involviert sind, und zudem diesen aus ihrem Handeln Komplexe zuwachsen, die nur in einer Feng-Shui-orientierten tiertherapeutischen Praxis – gegen harte Euro, sit nomen Domini benedictum - gelindert werden können.
Ein beinahe hoffnungsloses Unterfangen, eine konfliktvermeidende Strategie in diese verwirrende Gemengelage einbringen zu können. Denn welches Frauchen, 3:42 nach dem Sonnenuntergang hinter der markanten Silhouette der „alten Buche“ bereits schlafend – allein oder mit dem Gelegenheitsbeleger ihres Kopfkissens -, offenbart schon am Tag nach der Entdeckung des nächtlichen, trauma-auslösenden Desasters ihrem eiligst aufgesuchten Psychiater, dass sie ein Mäuschen im Reiheneckhaus mit Doppel-garage hat? Da werden auch Psychiater hilflos. Sie können – trotz harter Euro, sit nomen Domini benedictum – das Frauchen nicht der Gesundung ihrer Seele zuführen, wenn es das Vorhandensein eines Mäuschens verdrängt. Wie sollen Wirklichkeiten verändert, wenn sie nicht zur Kenntnis genommen werden?
Vereinfachen wir die ambivalent-komplexe Realität, da wir sie nicht in Gänze dekonstruieren können, indem wir uns auf die wesentlichen Strukturen des sich zwischen Maus und Katze Ereignendem konzentrieren, wenn eine Maus einer Katze in den Schwanz beißt. Für die Städter ist das so normal wie sie ein Schnitzel als einen Teil des Schweins halten.
Bezüglich der knopfbeaugten Maus wäre zu sagen – soweit wir uns nachfühlend in ihre nächtliche Befindlichkeit versetzen können -, dass sie eine zuerst euphorische Trieb-abfuhr erlebte, als ihre Mausezähnchen, das Fell der Katze durchdrungen habend, den 2. Endwirbel des Schwanzes der Katze erreichten, den sie allerdings nicht vollständig durchdringen konnten. Das ungewöhnliche Geschehen ließe sich bewerten als manifest gewordene Ausprägung von Größenwahn, wie er offenbar einer Menge der Säuger anevolutioniert ist. Keine vernünftige Maus wird mit ihren kleinen Zähnchen das Bollwerk des 2. Endwirbels eines Katzenschwanzes zu brechen versuchen. Nun sind Säuger halt öfters unvernünftig – Sie können sich vorstellen welchen Genuss es mir böte, würde ich an dieser Stelle eine riesige Reihe von aberativen Politikern aufzuzählen -, und damit ist auch der Fortgang der Erzählung gewährleistet. So wird auch der rasch folgende Frust der Maus über den nicht zum vollen Erfolg gelangte Angriff auf den Erbfeind, die Inkarnation des Bösen, einer Erklärung zugänglich. Zuerst in einer, noch relativ milden Vorstufe, als sich in den Muskeln und Sehnen, die ein Mäusegebiss in den Kiefern mit den anderen Bestandteilen des Mäuseschädels verbinden, ein heftiger Zieh- und Überdehnungsschmerz bemerkbar machte. Das Wollen der Maus hatte offensichtlich die Schmerzgrenze zu ihrem Können, beruhend auf der Kombination von Knochen, Sehnen und Muskeln, überschreiten lassen. Vor allem aber wird es, in der Vollwirkungsstufe des sich aufbauenden Frustes, bei der Maus zu einem reichlichen Adrenalinausstoß gekommen sein, als ihr – die Zähnchen sich vergeblich an der vollständigen Abtrennung des 2. Endwirbels vom Vorderteil des Schwanzes der Katze versuchend – schmerzlich bewusst wurde: „Mäuslein, Mäuslein, wenn du mit deiner ungesunden, unnatürlichen Lebensweise so weitermachst, wirst du dich demnächst mit der Problematik der ‚Dritten’ auseinander setzen müssen“. Das bedeutet seelenzermürbenden Dauerfrust. Diesen sah man dem Mäuslein auch an. Es machte ein Gesicht als hätte der Wirt einem Alkoholiker nichts mehr gezapft.
Mit großer Gewissheit kann man davon ausgehen, dass der Katze der Biss der Maus in ihren Schwanz ganz im Wortsinn auf die Nerven ging. Wir können das völlig logisch aus der neuronalen Konstitution der Schwänze von Säugern her-leiten, denn bei ihnen reichen die Nervenstränge bis in die Schwanzspitze, sie müssen deshalb auch im 2. Endwirbel vorhanden und für einen Reinbiss ebenso empfindlich sein, wie es bei einer Schwanzspitze im allgemeinen der Fall ist, denn sie ist nicht zum Reinbeißen evolutioniert worden. Welcher logisch an sich schon stringente Beweis durch das Geschehen in der von uns zu betrachtenden Situation eine klare Bestätigung erfährt: als die Maus der Katze in den Schwanz biss, ging deren alltägliche Artikulation „miau“ deutlich in eine Laut- und Bedeutungsverschiebung in Richtung „miau-au-au-au“ über, was die rachewütige Maus in ihrer adrenalinbewirkten Euphorie als triumphierendes „au-au-tut-ihr-das-weh!“ interpretierte – was übrigens eine zutreffende Interpretation ihrer tatsächlichen Befindlichkeit war - und sich sehr darob freute.
Wenngleich das dramatische Geschehen in jener Nacht, 3:42 Stunden M.E.Z. nach Sonnenuntergang hinter der markanten Silhouette der „alten Buche“ nicht mit dem ungleich bedeutungsvolleren Verletzungscharakter eines Penisbruchs gleichgesetzt werden kann, so können und dürfen wir unsere Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass ein solches Drama auch bei einem Katzenschwanz zu traumatischen Folgen führen muss. Wie geschändet und ihres stolzesten Schmuckes beraubt muss sich doch eine Katze fühlen, wenn sie künftig zu ihrem Abfallfraß aus der Weißblechdose oder auf Frauchens Kopfkissen nur noch mit abgeknicktem Schwanzende schleichen kann. Ihrem natürlichen Abscheuverhalten bleibt nur noch ihr Stresspinkeln quer durch die Wohnung erhalten, da dieses unabhängig davon ausgeführt werden kann, ob der Schwanz frei oder leicht abgeknickt wedelt.
Wir Menschen müssen endlich unser betroffenes „Herz für Tiere“ in die Tat umsetzen, und neben dem Tiertherapeuten auch dem restaurierenden Schönheitschirurgen die Segnungen der Krankenkasse zuteil werden lassen. Das Weltgewissen der Mutter Erde muss uns zutiefst ergreifen, das da unmissverständlich postuliert: „das Erhabendste der Schöpfung ist ein intakter Schwanz“.
"Wahre Satire verletzt nicht - sie tötet."
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