Kopftuchverbot




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Kopftuchverbot

Beitragvon jupp » Di 24. Mär 2015, 11:17

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Katholische Bischöfe kontra Kopftuch

STUTTGART (epd). Nach den evangelischen Kirchen fordern auch die katholischen Bischöfe im Land ein Kopftuchverbot bei muslimischen Lehrerinnen. Das Kopftuch könne auch als „fragwürdige politische Botschaft“ verstanden werden, die mit der Gleichstellung von Mann und Frau unvereinbar sei, erklärten der Freiburger Erzbischof und der Bischof von Rottenburg/Stuttgart am Montag. Das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht wecke Zweifel „hinsichtlich der inneren Bereitschaft, für grundlegende Verfassungswerte des Grundgesetzes einzutreten“; es provoziere durch seine Mehrdeutigkeit, auch wenn es als subjektiver „Ausdruck ihrer religiösen Identität“ getragen werde. Die Bischöfe unterstützen die Regierung, die zwar ein Kopftuchverbot, christliche Symbole wie das Kreuz in den Schulen aber bewahren will. (BZ 10.08.2004, S. 6)

Eilends begebe ich mich zu einer der naheliegenden Rundhütten, vor der der deutsche Missionar tagsüber christliche Heilerde der natürlichen Restethnie aufs Herz legt, in der er abends sonstige wohltuende missionarische Werke verrichtet, zu einem seelsorgerlichen Gespräch. Ich habe noch einige brennende Fragen, hat mich doch die Botschaft meines Freundes Dickie Lehmann zutiefst in meiner empfindlichen Seele verwundet. Ich begreife nicht die Sinnhaltigkeit der Botschaft der deutschen Bischöfe, die Bedrohung der christlich-abendländischen Kultur durch das Kopftuch einer Lehrerin, das sich doch nicht damit vergleichen lässt, dass eine Schülerin bei ihrer Ausbildung zur Hirsestampferin einen Minirock trägt. Wir können doch die Lösungen unserer abendländischen Probleme, die unsere Bischöfe nicht lösen, sondern auslösen, nicht 1:1 auf die afrikaländischen Verwirrtheiten einer natürlich lebenden Restethnie übertragen.

„Du fragst, Bruder in Christo“, der Missionar lächelt mich freundlich an, „ob man eine Lehrerin mit Kopftuch mit einer hirsestampfenlernenden Schülerin im Minirock gleichsetzen kann. Die Weisheit und ewig gültige alleinige Wahrheit unserer heiligen Mutter Kirche sagt uns, dass man das kann und muss. Siehe, sind doch beide Menschenkinder, Geschenke unseres uns unendlich liebenden Vaters, die wir, da sie – ungeachtet bedeutungsloser Verschiedenheiten – beide in unserem Geiste seelenheilsuchend und bedürftig sind, vor Irrlehren, die schwere Sünden sind, bewahren müssen. Sie werden, dank unseres Wirkens, die innere Bereitschaft entwickeln, sich auf unser Niveau zu begeben.“

Da ich ins Nachdenken verfalle, geht der deutsche Missionar zum Kühlschrank und stellt uns zwei Dosen „Becks“ – er wird von Sonderkurieren für Missionare regelmäßig versorgt – auf den Tisch. Ein wohltuender, tiefer Schluck: ja, christlich abendländisches Kulturgut ist im kryptisch afrikaländischen ein großer Segen.

„Was die erwähnten Kleidungsstücke angeht“, fährt mein spendabler Missionarnachbar fort, „so haben sie nur äußerlich, aber in ihrer inneren Botschaft keine Unterschiede. Beide sind doch höchst politische Botschaften, die mit der Gleichstellung von Mann und Frau unvereinbar sind. Unsere heilige Mutter Kirche fordert – eingedenk der hohen Tugend der Wahrhaftigkeit – die Gleichstellung schon seit 2000 Jahren und sucht immer noch nach dem Anfang eines Weges, um diese in kleinsten Ansätzen zu verwirklichen. Erinnere dich, Bruder in Christo, wie schon der große König Salomon in seinem Hohelied die Gleichstellung von Mann und Frau verherrlicht:

’Du bist schön meine Freundin,
Deine Brüste gleichen güldenen Granatäpfeln,
ich sehe Dein duftendes Pfläumchen,
das sich meinem Auge darbietet.
Sehe Du mein wachsendes Bäumchen,
stark geworden wie eine Zeder vom Libanon.’

Wer will angesichts dieser erhabenen Hochpreisung noch den geringsten Zweifel daran hegen, dass diskriminierende Kleidungsstücke den gleichgerichteten Genuss von Mann und Frau behindern?“

Ich bin gewaltig beeindruckt und nehme – gleich dem Missionar – einen guten Schluck „Becks“.

„Auch das Neue Testament hilft uns bei der Interpretation der Presseerklärung der deutschen Bischöfe weiter“, der Missionar nimmt das seelsorgerliche Beratungsgespräch wieder auf. „Der heilige Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde: ‚das Weib sei dem Manne untertan’. Das ist doch die natürlichste Gleichstellung von Mann und Frau ein gleichberechtigtes Begehren zu vollziehen, wobei natürlicherweise der Wille der Frau sich dem Rhythmus des Wollens des Mannes unterwirft.

Wir trinken unsere „Becks“ aus. Ich bin zutiefst getröstet. Gespannt, ob sich morgen der Ehrwürdige Große Ältestenrat zur Weisheit christlich-abendländischer Kultur aufschwingen wird, kehre ich zu meiner Rundhütte zurück.

Nervös gespannte Unruhe liegt über dem Rundhüttendorf im Reservat Burepubla. Seit 10.00 Uhr tagt der Ehrwürdige Große Ältestenrat, um eine von allen Familienclans getragene Bekleidungsvorschrift für kindliche und jugendliche Frauen während ihrer Ausbildung zur Hirsestampferin zu finden und zu beschließen.

Von Anfang an ist sein Wille erkennbar, auch die Meinungen von Minderheiten, wie der Ohn-Cham-Fundata vom Clan der Iss-Alla-Miste, in die Entscheidung einzubeziehen. So darf Ohn-Cham-Fundata das Geschenk ihres Bruders, der als Scheinasylant den Weg nach Deutschland gefunden hat, ausführlich präsentieren. Keiner aus dem Kreis des Ehrwürdigen Großen Ältestenrates lässt sich zu einer Geste des Missfallens hinreißen, wäre das doch Ausdruck eines bereits gefassten Vorurteils.

Die junge Frau in lila Latzhose und Palästinensertuch vom Stamme Ema-atkak.de darf ausführlich den Unsinn ihrer Pappe erklären, wobei sie ihre Gedanken in vollendete Betroffenheitslyrik fasst. Die weisen Ältesten zeigen eine sehr höfliche Mimik dazu, als würden sie das Unverdauliche fassen. Sie fassen von der jungen Frau ja einmal im Monat kostenlos verdauliche Hirse von der UNO, mit einer solchen Respektsperson will es sich niemand verderben.

Um 17.00 Uhr ist es soweit. Der Älteste aus dem Ehrwürdigen Großen Ältestenrat verkündet mit fester Stimme:

„Frauen und Männer des Reservates Burepubla, wir haben nach reichlicher Einnahme des uns heiligen Geistes aus vergorenem Hirsesaft, eingedenk unserer Verantwortung für Sitte und Anstand, für Ruhe und Ordnung, auf dem ehernen Fundament unserer kryptisch afrikaländischen Mittagskultur zu sorgen, entschieden, was bei uns künftig Sitte sei. Getragen von der tiefen Weisheit und der ewigen alleinigen Wahrheit, die uns die vielen Einsichten in unserem langen Leben beschert haben, haben wir uns bei unserem ausführlichen Palaver von den beiden Grundsätzen der Unauffälligkeit und Zurückhaltung bei unserer Beschlussfassung leiten lassen. So vernehmt denn die Vorschriften der neuen Bekleidungsverordnung.

1. Frauen, gleich welchen Alters, gleich welchem Familienclan sie zugehören, müssen entsprechend unserer jahrtausendalten Kultur – jedenfalls in der Öffentlichkeit – zurückhaltend sein und dürfen sich nicht provokativ anziehen. Insbesondere bei der Ausbildung zur Hirsestampferin dürfen unsere jungen Frauen keine verschleiernden Kleidungsstücke tragen, die die alten Sitten untergraben. Sie haben weiterhin nichts zu tragen, was auffällt und die Blicke der Männer zurückhält.

2. Bei der harten Feldarbeit unserer Frauen, bei der diese aus praktischen Gründen einen Lendenschurz tragen, ist künftig auch die Bekleidung mit kleinen Produkten, die Stammesangehörige als Scheinasylanten aus Deutschland schicken, gestattet.

3. Die Missionare, die uns willkommen sind, solange sie die Ergebnisse von Kollekten überbringen, und uns gelehrt haben, dass man auch leeres Stroh dreschen kann, werden angehalten, ihr Kreuz etwas tiefer zu hängen, damit es weniger auffällt, wenn sie sich nicht zurückhalten können und Dosen öffnen.

4. Allen Männern unseres Rundhüttendorfes, die unseren Nationalsport Bumsen aktiv ausüben, wird dringend empfohlen, sich bei ihren Aktivitäten solange zurückzuhalten, bis sie sich ein unauffälliges Kappi übergezogen haben. Unsere Frauen, die unseren Nationalsport traditionsgemäß ebenfalls heiß lieben, sollen sich, bevor sie sich dabei vergessen, vergewissern, dass die Männer nicht ihre neue Pflicht vergessen haben, bevor es richtig losgeht.

Heute, bereits einen Tag nach dem Erlass der neuen Kleiderverordnung, bestätigt sich die Weisheit der Alten einer natürlich lebenden Restethnie, neue Vorschriften nicht mit der Macht eines Großclans durchzudrücken, sondern fair erst nach einem ausführlichen Palaver unter ernsthaftem Einbezug von Minderheiten zu erlassen. Alle Zugehörigen der natürlich lebenden Restethnie im Reservat Burepubla halten sich strikt an das neue Gesetz.

Der Missionar erklärt mir, er könne mit der Entscheidung gut leben. Bei seinen missionarischen Aktivitäten tagsüber könne er sein Kreuz problemlos tiefer hängen, da ihn ohnehin alle Bewohner des Dorfes kennen. Bei seinen abendlichen und nächtlichen Missionarsübungen würde er ohnehin sein Kreuz ganz ablegen, damit es nicht so blöd herumbambele oder gar störend zwischen die empfindlichen Teile gerate.

Die junge Frau von Ema-atkake.de isst vor lauter Freude über die neue Bekleidungsvorschrift ihr eigenhändig gemaltes Pappschild, – eigentlich unverdaulich, aber innerlich braucht der Mensch Ballaststoffe – das sie zuvor in mundgerechte Stücke zerlegte, mit sichtlichem Wohlbehagen auf. Hat doch die globale Aktionsplattform wider die Globalisierung „Hundi Schappi, Manni Kappi“ einen entscheidenden Sieg über die schützenswerten Naturvölker errungen.

Es trifft sich glücklich, dass heute wieder ein UN-Hirseverteiltag von amerikanischer Überschussproduktion ist. Die Männer des Rundhüttendorfes lassen sich widerstandslos neben einem Sack Hirsemehl auch eine Großpackung Kappis aushändigen. Wohl wissend, dass natürlich lebende Menschen, die es nur noch in Resten in Reservaten gibt, des Lesens nicht kundig sind, erklärt ihnen die junge Frau von Ema-atkak.de den Aufdruck auf der Großpackung mit Kappis: „als Geschmacksverstärker von Hirsebrei nicht geeignet. Eltern haften für ihre Kinder.“

Im heutigen Unterricht bei ihrer Ausbildung zur Hirsestampferin erscheint die Abweichlerin Ohn-Cham-Fundata nicht mehr in ihrem provokativen Minirock. Sie trägt ganz unauffällig das andere Geschenk ihres Bruders, der als Scheinasylant den Weg nach Deutschland gefunden hat, einen Hauch von String-Tanga. Ein „Bändele-Hösle“, wie es im Ländle genannt wird.
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