In dubio
Ich sitze. Ich sitze an meinem Schreibtisch. Es dämmert, die Nadel zerkratzt Vinyl. Ich sitze an meinem Schreibtisch, vor mir eine Flasche Whisky. Ich sitze an meinem Schreibtisch, ein Glas, aus dem ich trinke. Whisky. Ich sitze und trinke. An meinem Schreibtisch. Es gibt keinen Grund, das Glas zum Mund zu führen. Grund hat man immer: Eine trockene Kehle; die Unfähigkeit, sich einen Panzer anzulegen. So sitze ich und trinke. Der Whisky zieht langsam in die Blutbahn. Der erste Schluck ist Genuss. Wärme zieht durch den Körper und Leichtigkeit in den Kopf. Ich sitze am Schreibtisch. Ich sitze, vor mir ein Glas Whisky. Er verströmt einen traurigen Duft. Ich schenke mir nach. Mundschenk. Die Flasche ist halbleer, halbvoll. Ich sitze und bin halbvoll, halbleer. Der Raum um mich wird groß, klein, unendlich; die innere Angst wird zur äußeren Realität. Scotti, Jim Beam mich rauf!
Leise rieselt der Schnee. Das Vinyl dreht sich nicht. Die Nadel - beschäftigungslos. Die Geräusche sind verschluckt im Weiß. Nur das Schreien der Nachbarin hallt über den Innenhof. Keiner hört zu. Leise rieselt ... Die Faust des Mannes ist noch geballt ... der Schnee ... Geheiratet wird in Weiß. Unschuldiger Schnee ... Nun bin ich nah genug dran, weit genug weg.
Eine Traurigkeit, die sich aus nichts Fassbarem nährt. Sie sitzt. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch. Vor sich eine Flasche Whisky. Sie sitzt und trinkt. Grund hat man immer.