Generation Desaster




Belletristik und Lyrik aller Art

Generation Desaster

Beitragvon jupp » Mo 16. Jul 2018, 20:36

Eine Fülle von Tränen des barmenden Mitleids über die traumatischen Lebensbedingungen der heutigen Jugend netzte mir die Augen, als ich dem SPIEGEL entnehmen musste, wie ungeheuer schwer es in Sonderheit die weibliche Großstadtexistenz hat, nach oben zu kommen. Für meine Generation war es noch ein Kinderspiel; christlich getauft, mit Kennerblick für die besseren Verhältnisse zielbewusst hochgeschlafen: schon war die Karriere geschafft, und Mutti trug eine zweireihige Perlenkette zum Twinset. Doch heute? Da musst Du „schön, neurotisch und Professorengochter“ sein, um It-Girl zu werden, über das sich die Highsociety kaum einkriegen kann. Während zu unserer Zeit nur die leichten Hürden von Latein und Griechisch zu überwinden waren, muss heutzutage eine Spitzenkräftin imstande sein, mit „dieser traumwandlerischen Sicherheit, die lebensstilrichtigen Entscheidungen verkörpern zu können: … die richtige Jacke mit dem richtigen Gesichtsausdruck und den richtigen paar Interviewsätzen zu kombinieren wissen.“ Unser aller Wolfgang von hat mit seiner Weitsicht die „Generation Desaster“ vorausgeahnt. „Weh’ dir, dass du ein Enkel bist!“ verfluchte Mephisto das liebe Gretchen. Das Girl brachte es einfach nicht, die richtige Jacke mit dem richtigen Gesichtsausdruck tragen.
"Wahre Satire verletzt nicht - sie tötet."
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