Jupps Kulturscheune

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Fundamentalisten

Immer wenn den Maßlosen ihr Fundamentalismus Augen und Hirn zuzukleistern droht, möchte ich ihnen die Geschichte des Rabbi von Tomaschow vorlesen.

In Tomaschow ist Überschwemmung. Als das Wasser das Haus des Rabbiners erreicht, kommt der Gemeindevorstand zum Rabbi. „Rav, ihr müsst hier weg, das Wasser steigt …“ Der Rabbiner lehnt ab: „Gott wird helfen.“ – Als das Wasser kurz darauf durch die Fenster ins Haus strömt, kommen ein paar Schüler des Rabbis in einem Boot angefahren. „Rav, ihr müsst hier weg, das Wasser steigt!“, beschwören sie ihn. Der Rabbiner lehnt ab: „Gott wird helfen.“ – Das Wasser hat schließlich das Haus überflutet, der Rabbis sitzt auf dem Dach und schaut betend zum Himmel. Ein Hubschrauber fliegt heran, eine Leiter fällt herunter, der Pilot schreit: „Rav, ihr müsst hier weg, das Wasser steigt und steigt!“ Der Rabbiner lehnt ab: „Gott wird helfen.“ – Es dauert nicht lange und der Rabbi kommt im Himmel an. Er ist wütend und lässt sich sofort zu Gott führen. „Ich habe immer nach deinem Wort gelebt“, schimpft er, „ich habe meine Gemeinde nach deinem Willen geführt, ich war immer dein treuer Diener, ich hab auf dich vertraut, und wie hast du es mir gedankt?“ Darauf schaut Gott ihn mitleidig an und sagt: „Ich hab dir den Gemeindevorstand geschickt, ich hab dir das Boot geschickt und ich hab dir den Hubschrauber geschickt. Was hätte ich denn noch tun sollen?“
(aus: fünftausendsiebenhundertfünfundvierzig, 1984 – 1985, Ein jüdischer Kalender)