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DAS ENDE DER KULTUR IST NAHE
Die Edelfedern füllen die Seiten des Feuilletons mit ihren Untergangsprophetien: „Das Ende der Kultur ist nahe, denn das hehre Kulturgut des gedruckten Buchs wir von der banausischen Unkultur des Internets mit den barbarischen Ebooks zu Tode gebracht!“ Podien, mit Experten besetzt, füllen mit ihrem, zu Tränen rührendem Lamentieren die Säle. „Es war also meine Pflicht“, berichtete einst Umberto Eco von einem solchen Kongress, „zu betonen, dass es sich bei dieser Meinung um eine verschrobene Idee gewisser Intellektueller handelt, deren Kinder den ganzen Tag vor der Mattscheibe hockend verblöden (aber aus genetischen Gründen).“ (Hallo Freunde! legt die dicken Wälzer beiseite, lest die Satiren und Glossen des scharfzüngigen Schlitzohrs.)
Halten wir uns doch an die nüchternen Fakten, die uns Umberto Eco (er hatte noch eine Menge mehr davon im Lager) immer wieder unter die Nase rieb. Die simple Statistik zeigt uns – auch unter Einbezug des rapiden Bevölkerungswachstums -, dass die Zahl der Buchleser immens gestiegen ist. Diese Tatsache ihrerseits erklärt sich ganz zwanglos dadurch, dass die heutigen Leser „vor Kurzem“ noch Analphabeten waren, die hinter einem Pferd schritten, um ihr Feld zu pflügen.
Freilich, mit der nüchternen Feststellung, dass das Buch, sowohl das gedruckte als auch das digitale, eine glänzende Zukunft hat, ist keine quotenträchtige und Expertenansehen fördernde Sensation, sondern eine ganz und gar unspektakuläre Prognose. So was wird nicht gedruckt, noch nicht einmal Berlin organisiert für eine derartig banale Faktenanalyse einen Kongress.
Lassen wir den Lärm draußen und wenden uns der Lektüre von Umberto Eco zu.