Buch "Allerlei" von Signe




Belletristik und Lyrik aller Art

Buch "Allerlei" von Signe

Beitragvon jupp » Sa 22. Nov 2014, 19:31

Leichtfüßig kommt der Text daher, doch immer tiefgründig: Signe Winter beherrscht diesen schwierigen Spagat.

Signe Buch Allerlei Cover.jpg


Nehmen wir (gleich dem lyrischen Auftakt des Buchs) die Verse Seite 6:

„ Und gebt mir auch zwölf Sender,
Die könnten verblödender nicht sein
Als wie das heil´ge Zweite
Aus der Provinz am Rhein.“

Satirische Lyrik vom Feinsten! Kein Wunder bei dem wortgewaltigen „Ahnherrn“, an den sich die Autorin mit ihrer Wortgewandtheit anlehnt. Eine Aufforderung zur Selbstbefragung, also nicht schnell darüber hinweg lesen. „Was hab ich mir in den letzten 14 Tagen angeabused? War etwas außer Deppenkost dabei?“ So etwa lauten die Fragen, die Signe Winter aufwirft. Hinter dem Grinsen über die Verse taucht die Frage auf: „Inwieweit bin ich ein ´menschliches Leerzeichen’ (Seite 8) geworden?“

Gehaltvoll sind die Einwortgedichte von Signe Winter.

„KlageMauerBlümchen“ (Seite 12)

Klage der Mauerblümchen, Blümchen an der Klagemauer oder die Blümchen (= Hervorbringungen) der Mauer?
In dieser Wort-/Sprachpflege findet das Wortspiel seine Vollendung, weit fernab vom „Spiel“ als Unterhaltung.

Sehr ernst, sarkastisch, wird es bei den „gezwitscherten Kurzgeschichten. Bohrende Botschaften auf engstem Raum. Formaler Minimalismus mit gehaltvoller Botschaft.

„Zweite Weihnachtsgeschichte

Das Kind bekommt manchmal am Tag eine Mahlzeit. Morgens steht es früh auf, um von weit her Wasser zu holen. Weihnachten interessierte nicht.“

Überkommt Sie gleich mir heftiger Zorn, wenn der Papst und die Bischöfe unter Abgabe salbungsvollen Gesülzes zur Spende ‚für den Hunger in der Welt’ aufrufen? Warum geben die Kapaune nichts aus ihrer reich gefüllten Scheuer ab? „Die Mission ist die erste Aufgabe der Kirche“, der Hinweis von Kardinal Marx (nein, er meinte nicht den I.S.) treibt mir Tränen der Wut in die Augen.

Lesen und überdenken Sie die Texte von Signe Winter, um in dem Advents- und Weihnachtsrummel nicht den Verstand zu verlieren
"Wahre Satire verletzt nicht - sie tötet."
Lec
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von Anzeige » Sa 22. Nov 2014, 19:31

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Re: Buch "Allerlei" von Signe

Beitragvon gnies.retniw » Di 25. Nov 2014, 13:21

Lieber Jupp,

danke für deine intensive Rezension. Ja, Zorn ist wohl das, was ich beim Schreiben der Texte auch hatte. Über das Unverständnis und die Leichtgläubigkeit der Menschen, die in Gedankenlosigkeit ausufert.

Nun habe ich das Buch nochmal überarbeitet und die Bilder, zu denen ich einige Gedichte schrieb, eingefügt. Auch dein Hinweis an mich, dass das Bild von Frans Snyders zu dunkel ist, wurde umgesetzt und durch eine hellere Variante ersetzt. Ebenfalls habe ich den Einzug der ersten Zeile bei den linksbündig gesetzten Gedichten herausgenommen. Damit hast du die Dinge, mit denen ich beim Erstellen des Buches, nicht im Reinen war, angesprochen und mir zu einer optisch schöneren Variante verholfen. Danke!

sagt Signe
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