Altenpfleger und Anleger
Das Jahr 2015 ist bald zu Ende. Schon wieder bin ich allein in der Nachtschicht. Scheißarbeit in diesem Seniorenheim. Viel lieber wäre ich in der Disco, Frauen anbaggern, saufen und abtanzen. Die Alte im Parterre röchelt vor sich hin. Mit ihren 85 Jahren wird sie eh bald abkratzen. Ach was, ich drücke ihr ein Kissen auf die Visage. Will sie nicht mehr sehen.
Im Jahre 2016 erhielt das Altenheim nach einem unangemeldeten Besuch des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, kurz MDK genannt, die Note 1,3.
Wir befinden uns im Jahre 2017 und beobachten eine Gerichtsverhandlung. Der ehemalige Pfleger wiederholt sein Geständnis, die Seniorin getötet zu haben. Es täte ihm unsäglich leid, liest sein Rechtsanwalt vor. Zwei weitere Angeklagte streiten einen anderen gemeinschaftlichen Mord ab. Ja, wir haben Langeweile gehabt. Stimmt, das war Machtausübung und makabre Scherze haben wir auch gemacht. Überfordert mit der Arbeit waren wir nicht.
Die Zeitungen berichten ausführlich. In einer Zeitung entdecke ich gleich nach dem Bericht über die Gerichtsverhandlung folgende Anzeige:
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Das Heim sucht ständig Altenpfleger. Es wirbt mit exzellentem Service.
Die Anleger investieren.
Anmerkung: Das ist eine ziemlich wahre Geschichte aus dem Alltag. Fast alles ist zu belegen.