Nikolaus




Belletristik und Lyrik aller Art

Nikolaus

Beitragvon jupp » Fr 6. Dez 2013, 10:02

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[color=#BF00FF]NIKOLAUS[/color]

In früheren Gesellschaften waren Staat und Privatleben in weiten Teilen von Religion gestaltet. Mit der Zunahme der Wirkung der Aufklärung suchen Sinn- und Unsinnsuchende nach neuen Betätigungsfeldern. Erläuternde Beispiele sind
- Esoterik jeglicher Spielart,
- Event(un)kulturen,
- schrankenloser Konsum, dies vor allem,
- …
Kleines Fundstück: St. Nikolaus wird zum Weihnachtsmann, der für ein Produkt Reklame läuft.

Nikolaus 2 .jpg


Nein, ich habe – fast – nichts dagegen, wenn die Gesellschaft in ihrem öffentlichen Auftreten „entchristlicht“ wird. In einem säkularisierten Staat hat repräsentative religiöse Symbolik keinen Platz. Das ist keine Bilderstürmerei. Als Deutschland missioniert und christianisiert wurde, wurden die althergebrachten „heidnischen“ Feste nicht etwa abgeschafft, sondern umgewidmet. Der Mantel eines christlichen Heiligen wurde ihnen umgehängt, das Volk sollte fortan seine Feste zu dessen Ehre in frommem Gedenken begehen. Fortan wurde nicht mehr aus heidnischem, sondern christlichem Anlass gesoffen.

Ich bin dagegen, dass kulturelle Überlieferungen, die sich doch in so niedlichen Formen abspielen, völlig entkernt werden. Nikolaus ist kein Comic-Maskottchen zur Verkaufs¬förderung von Strumpfhosen, Süßigkeiten und Unterwäsche.

Jede Gesellschaft braucht Mythen, Märchen und Erzählungen, in denen ihre strukturgebenden Werte verdichtet – auch durch emotionales Erleben bereichert -, von Generation zu Generation weitergegeben werden, damit aus der Gesellschaft eine Gemeinschaft wird. Wer „Erziehung“ (in ihrem guten Sinn) für altmodisch-konservativ, für antiquiert hält, mag vom „Wertetransfer im sozialen Gefüge“ sprechen.

Der Nikolaus ist eine solche, vor der Banalisierung zur Mickey-Mouse-Ikone zu bewahrende Erzählung. Seine – vom christlichen Weihrauch befreite – Botschaft sagt ganz schlicht: „Gute Werke, der Gemeinschaft dienliches Verhalten, wird belohnt.“ In den Landstrichen, in denen der Nikolaus vom Knecht Ruprecht begleitet wird, lautet die ergänzende Botschaft: „Schlechte Werke werden bestraft.“

In diesem Sinn müssen wir den Nikolaus retten, dürfen ihn nicht als eye-catcher für hemmungslosen Konsum missbrauchen. Für Waren stehen Models von köstlicher Bauart reichlich zur Auswahl.
"Wahre Satire verletzt nicht - sie tötet."
Lec
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Re: Nikolaus

Beitragvon Kariologiker » So 8. Dez 2013, 09:59

Also dazu habe ich genau den passenden Text - auch wenn er schon bekannt ist.



Ein amerikanischer Weihnachtsmann

Es ist der 1. Weihnachtstag. Der Tag, an dem man sich in Amerika zu Weihnachten beschenkt. Nein, wo der Amerikaner sich schön amerikanisch beschenken lässt. Von einem echten Weihnachtsmann! Jawohl! Dazu muss dieser Weihnachtsmann bei den amerikanischen Bürgern erst mal durch den Schornstein rutschen - und  danach bleibt immer alles sauber und adrett, ganz Amerika ist schon Hollywood, doch keiner merkt es.
Der gemeine Amerikaner baut sich sehr wahrscheinlich ausschließlich für den Weihnachtsmann einen Kamin in sein Wohnzimmer, damit Weihnachten nur ja nichts schief gehen kann. Der Kamin wird bestimmt in seinem ganzen Leben für nicht anderes benutzt, als für den Weihnachtsmann, sonst wäre der Weihnachtsmann ja hinterher immer schwarz und das ginge ja auf keinen Fall. Vielleicht lila, ausnahmsweise. Aber Schwarz wäre ja genau das, was die Erfinder nicht wollten. Einen Schornsteinfeger.
Warum ist der Weihnachtsmann eigentlich nicht das Maskottchen von den Schornsteinfegern geworden? Weil der original Weihnachtsmann ja auch kein Weihnachtsmann ist, sondern 'ne Witzfigur. Ehrlich! Wenn man sich den mal ein bisschen genauer anschaut, dann sieht man ein verschwitztes Lächeln in seinem Gesicht. Oder? Der sieht doch immer so ein bisschen danach aus, als ob er nicht ganz zurechnungsfähig wäre und die freundliche Zuneigung den Kindern gegenüber scheint mir nur gespielt, ganz so, wie wir es eben von Hollywood nicht anders kennen. Und wer hat’s erfunden? Nein, nicht die Schweizer, sondern Coca-Cola.

Genauer gesagt hat diesen Weihnachtsmann ein Schwede erfunden, also gemalt. Erfunden haben ihn die Werbefritzen von Coca-Cola, zumindest den, der in Amerika von Haus zu Haus durch alle Kamine rutscht und in allen Schaufensterauslagen sitzt und brav: "Hoh, hoh, hooohhh" sagt, aber das erwähnte ich ja bereits. Woher ich das weiß? Nun, er hat es uns selbst gesagt. Der Schwede, also der Maler von diesem Weihnachtsmann. Doch wer mir nicht glaubt…
Der beste Beweis für die schwedische Urheberschaft ist das Ren -Tier. Der Nordamerikaner hat in der Regel keine Ren -Tiere, sondern dort leben die Karibus. Genauso, wie es am Nordpol keine Pinguine gibt, gibt es in Amerika keine Rentiere, auch wenn sie im Wesen sehr verwandt sind. Die gibt es nur und sogar ausschließlich in Skandinavien. Und weil die Amerikaner alles lustig finden und sogar ein Murmeltier zur Wettervorhersage nutzen, haben die Amerikaner jetzt ein exemplarisches Rentier Rudolf genannt. Und weil der Name Rudolf für ein Rentier – oder für Amerikaner oder gar beidem – nicht witzig genug ist, hat er eine rote Nase bekommen. Und Rudolf ist ein Rentier und nicht etwa ein Karibu mit einer roten Nase.
Schon wegen des anheimelnden Liedes, dass eher einer Weihnachtshymne gleichkommt, in dem eben diese eine Rentier Hauptdarsteller ist, kann Rudolf niemals ein ernsthaftes Zugpferd für den Aladinschlitten des Weihnachtsmannes werden.
Und dieser Rudolf ist ja auch eine richtig 'Dumme Nuss' und für jeden Ulk zu haben. Eine schenkelklopfende Lachnummern, diese Rentiere, oder?
Doch warum wohl hat gerade Rudolf eine rote Nase? Eine rote Säufernase für ein Rentier? Diese Nase muss Rudolf tragen, weil der Weihnachtsmann es nicht darf! Auch wenn er so aussieht, wie ein "alter Schwede". Schließlich hauen sich die Schweden – besonders die Weihnachtsmänner aus Schweden - wo sie gehen und stehen den Alkohol in den Kopf. Das machte ich schließlich auch, wenn's mir so kalt wäre. Und in Skandinavien kann es ja empfindlich kalt werden. Na, ja, wenn’s hilft …

Also der Weihnachtsmann, den wir so gerne unseren Kindern zeigen ... bravo Coca-Cola … ist in Wirklichkeit ein schwedischer Suffkopp. (Sorry, Haddon Sundblom – so heißt der Maler. A.d.R.)
Habt ihr mal den Maler, also den Erfinder von dem Weihnachtsmann gesehen? Der Weihnachtsmann sieht wie 'ne Karikatur seines Zeichners aus. Der Maler hat sich sicher selbst zum Vorbild genommen, denn wie wir wissen, leben die Menschen in Schweden, wie überhaupt in ganz Skandinavien - außer in den Großstätten - weit auseinander und da hat der Maler bestimmt in Ermangelung eines passenden Modells einfach in den Spiegel geschaut und wird sich wohl gesagt haben, 'den nehme ich, bevor ich gar nichts zu Papier bringe'.
Das Ergebnis dieses Schweden ist heute schon so etabliert, dass wir uns schon gar keinen anderen Weihnachtsmann mehr vorstellen können.
Und da sage einer noch Werbung funktioniere nicht.

© Kariologiker
Wenn der Schnee geschmolzen ist, sieht man wo die Kacke liegt [R. Assauer]
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