Nehmen wir (gleich dem lyrischen Auftakt des Buchs) die Verse Seite 6:
„ Und gebt mir auch zwölf Sender,
Die könnten verblödender nicht sein
Als wie das heil´ge Zweite
Aus der Provinz am Rhein.“
Satirische Lyrik vom Feinsten! Kein Wunder bei dem wortgewaltigen „Ahnherrn“, an den sich die Autorin mit ihrer Wortgewandtheit anlehnt. Eine Aufforderung zur Selbstbefragung, also nicht schnell darüber hinweg lesen. „Was hab ich mir in den letzten 14 Tagen angeabused? War etwas außer Deppenkost dabei?“ So etwa lauten die Fragen, die Signe Winter aufwirft. Hinter dem Grinsen über die Verse taucht die Frage auf: „Inwieweit bin ich ein ´menschliches Leerzeichen’ (Seite 8) geworden?“
Gehaltvoll sind die Einwortgedichte von Signe Winter.
„KlageMauerBlümchen“ (Seite 12)
Klage der Mauerblümchen, Blümchen an der Klagemauer oder die Blümchen (= Hervorbringungen) der Mauer?
In dieser Wort-/Sprachpflege findet das Wortspiel seine Vollendung, weit fernab vom „Spiel“ als Unterhaltung.
Sehr ernst, sarkastisch, wird es bei den „gezwitscherten Kurzgeschichten. Bohrende Botschaften auf engstem Raum. Formaler Minimalismus mit gehaltvoller Botschaft.
„Zweite Weihnachtsgeschichte
Das Kind bekommt manchmal am Tag eine Mahlzeit. Morgens steht es früh auf, um von weit her Wasser zu holen. Weihnachten interessierte nicht.“
Überkommt Sie gleich mir heftiger Zorn, wenn der Papst und die Bischöfe unter Abgabe salbungsvollen Gesülzes zur Spende ‚für den Hunger in der Welt’ aufrufen? Warum geben die Kapaune nichts aus ihrer reich gefüllten Scheuer ab? „Die Mission ist die erste Aufgabe der Kirche“, der Hinweis von Kardinal Marx (nein, er meinte nicht den I.S.) treibt mir Tränen der Wut in die Augen.
Lesen und überdenken Sie die Texte von Signe Winter, um in dem Advents- und Weihnachtsrummel nicht den Verstand zu verlieren